Alles Lob gebührt Allah..
Der Muslim muss nicht speziell eine dieser vier Rechtschulen folgen. Denn die Menschen unterscheiden sich in Bezug auf die Sinne, das Verständnis und die Fähigkeit die Regeln aus ihren Beweisen abzuleiten. Unter ihnen gibt es welche, denen das blinde Befolgen (Taqlid) erlaubt ist. Es kann sogar für den einen obligatorisch sein. Es gibt aber auch welche, die nur dem Beweis folgen dürfen. In den Fatawa des Ständigen Komitees gibt es eine ausreichende und heilende Erklärung zu dieser Angelegenheit, die es verdient vollständig von uns angeführt zu werden:
Die Frage:
„Was ist das Urteil über das blinde Befolgen der vier Rechtsschulen und das Befolgen ihrer Aussagen/Meinungen, in jeder Situation und zu jeder Zeitspanne.“
Das Komitee antwortete:
„Alles Lob gebührt Allah und der Segen und der Frieden seien auf Seinem Gesandten, seiner Familie und seinen Gefährten. Um fortzufahren:
Erstens: Die vier Rechtsschulen gehen auf die vier Imame zurück: Imam Abu Hanifa, Imam Malik, Imam Asch-Schafi’i und Imam Ahmad. Demnach geht die (der Begriff) „Hanafiya“ auf Abu Hanifa zurück, und genauso verhält es sich mit den übrigen Rechtsschulen.
Zweitens: Diese Imame entnahmen den Fiqh aus dem Koran und der Sunnah und waren darauf bezogen Mujtahidun (Rechtsgelehrte). Und wenn der Mujtahid richtig liegt, dann stehen ihm zwei Löhne zu; der Lohn seines Ijtihads (Anstrengung im Wissen über die islamischen Urteile) und der Lohn dafür, dass er richtig liegt. Und wenn er falsch liegt, dann wird er für seinen Ijtihad belohnt und für seinen Fehler entschuldigt.
Drittens: Derjenige, der dazu fähig ist die Urteile aus dem Koran und der Sunnah abzuleiten, soll (das Wissen) aus ihnen entnehmen, so wie es die vor ihm taten. Es ist ihm aber nicht erlaubt (den Gelehrten/Rechtsschulen) blind zu befolgen, wenn er glaubt, dass das Gegenteil richtig sei. Vielmehr soll er das nehmen, wovon er glaubt, dass es richtig sei. Jedoch ist es ihm erlaubt in den Dingen blind zu befolgen, in denen er nicht imstande ist (die Regeln abzuleiten) und es (das blinde Befolgen) benötigt.
Viertens: Wer aber nicht dazu fähig ist die Urteile abzuleiten, dem ist es erlaubt dem blind zu folgen, bei dem seine Seele Ruhe findet, wenn er ihm folgt. Wenn er in seiner Seele jedoch keine Ruhe findet, soll er solange fragen, bis er diese findet.
Fünftens: Aus dem, was eben erwähnt wurde, geht hervor, dass ihre Aussagen/Meinungen nicht in jeder Situation und zu jeder Zeit befolgt werden sollen, da sie falsch liegen können. Vielmehr soll, von ihren Aussagen/Meinungen, der Wahrheit gefolgt wie, die auf dem Beweis fußt.“
Aus „Fatawa Al-Lajna“ (28/5).
In der Fatwa des Komitees, Nr. 3323, steht:
„Wer dazu befähigt ist die Urteile aus dem Koran und der Sunnah abzuleiten und diesbezüglich stark ist – auch wenn es durch die Unterstützung des Fiqh-Schatzes, den wir von den Vorgängern unter den Gelehrten des Islams geerbt haben, geschieht – dem steht dies zu, damit er dies für sich selbst praktiziert, es in Diskussionen erklären kann und denen eine Fatwa erteilen kann, die ihn befragen. Und wer nicht dazu befähigt ist, der soll die Vertrauenswürdigen fragen, damit ihm das Urteil aus ihren Büchern bekannt wird und er danach handelt, ohne sich in seiner Frage, oder in dem, was er gelesen hat, auf einem der Gelehrten der vier Rechtsschulen zu beschränken. Denn die Menschen gehen auf die Vier zurück, aufgrund ihrer Bekanntheit und da ihre Bücher schön/genau geschrieben wurden, sich verbreitet haben und ihnen (den Lesern) leicht fallen.
Und wer sagt, dass das blinde Befolgen komplett für alle Lernenden obligatorisch ist, der liegt falsch, ist apathisch, denkt von den Lernenden, im Allgemeinen, schlecht und hat etwas Umfangreiches eingeengt.
Und wer sagt, dass sich das blinde Befolgen nur auf die vier bekannten Rechtsschulen beschränkt, der liegt ebenfalls falsch und hat, ohne Beweis, etwas Umfangreiches eingeengt. Es gibt für Analphabeten zwischen einem Rechtsgelehrten der vier Imame und anderen, wie Al-Laith Ibn Sa’d, Al-Auzaa’i und ähnlichen Rechtsgelehrten, keinen Unterschied.“
Aus „Fatawa Al-Lajna“ (41/5).
In der Fatwa Nr. 1591 steht:
„Keiner von ihnen rief zu seiner Rechtsschule auf, war auf ihr fanatisch, oder zwang andere dazu, dieser oder einer bestimmten Rechtsschule zu folgen. Vielmehr riefen sie dazu auf, nach dem Koran und der Sunnah zu handeln, erklärten die Überlieferungstexte der Religion, legten die Grundlagen dar, leiteten daraus Abzweigungen ab und gaben Rechtsurteile für das ab, worüber sie gefragt wurden, ohne jemandem, unter ihren Schülern und anderen, ihre Meinungen aufzuzwingen. Eher tadelten sie den, der dies tat und ordneten an, dass ihre Meinung gegen eine Wand geschlagen werden soll, wenn sie dem authentischen Hadith widerspricht. Einer von ihnen sagte: „Wenn der Hadith authentisch ist, dann ist dieser meine Rechtsschule.“ Möge Allah ihnen allen barmherzig sein.
Keiner muss speziell einer dieser Rechtsschulen folgen. Vielmehr soll man sich, wenn man dies vermag, bemühen die Wahrheit zu erkennen oder dafür (erst) bei Allah Hilfe ersuchen, dann durch den wissenschaftlichen Schatz, den die Vorgänger unter den Gelehrten der Muslime für die nach ihnen hinterließen und ihnen dadurch den Weg erleichterten die Überlieferungstexte zu verstehen und anzuwenden. Und wer die Urteile nicht aus den Überlieferungsketten u.Ä. ableiten kann, aufgrund einer Sache, die ihn daran hindert, der soll die vertrauenswürdigen Gelehrten über das befragen, was er an Urteilen der islamischen Gesetzgebung benötigt, da Allah, erhaben sei Er, sagte:
„So fragt die Leute der Ermahnung, wenn ihr (etwas) nicht wisst.“ [An-Nahl:43]
Und er muss, in Bezug auf seine Frage, jemanden suchen, dem er, von denen, die für Wissen, Vorzug, Gottesfurcht und Rechtschaffenheit bekannt sind, vertraut.“
Aus „Fatawa Al-Lajna Ad-Daa`ima“ (56/5).
Die Rechtsschule von Imam Abu Hanifa, möge Allah ihm barmherzig sein, mag die Rechtsschule sein, die sich am meisten unter den Muslimen verbreitet ist. Die Gründe dafür können sein, dass sich die osmanischen Kalifen zu dieser Rechtsschule bekannten und weil sie über die islamischen Länder, mehr als sechs Jahrhunderte lang, herrschten. Das bedeutet nicht, dass die Rechtsschule von Abu Hanifa, möge Allah ihm barmherzig sein, die authentischste Rechtsschule ist, oder dass alles, was es darin an Ijtihadat gibt, richtig ist. Vielmehr ist sie wie jede andere Rechtsschule; in ihr gibt es sowohl Richtiges als auch Falsches. Der Gläubige aber muss der Wahrheit und dem Richtigen folgen, ohne dabei den zu betrachten, der es sagt.
Und Allah weiß es am besten.