Sonntag 21 Jumaada Ath-Thaany 1446 - 22 Dezember 2024
German

Die Bedeutung der Unterwerfung unter den Willen Allahs und Ihm zu dienen (al-‘Ubudiyah)

Frage

Ich habe in der Frage Nr. 11804 gelesen, dass der Sinn und Zweck der Schöpfung der Menschen ist, dass sie die Einzigkeit Allahs, des Erhabenen, anerkennen, indem sie Ihm allein dienen. Könntest du mir erklären, was Allah zu dienen (al-’Ibadah) genau bedeutet?

Inhalt der Antwort

Alles Lob gebührt Allah..

In der arabischen Sprache bedeutet das Dienen (al-’Ibadah): die Unterwerfung/ Ergebenheit und Demut. Die Araber bezeichnen einen Weg als Tariq Mu’abbad, wenn dieser ausgetreten ist, da ihn viele Füße begangen haben.

In der islamischen Terminologie jedoch werden mit Al-‘Ibadah (das Dienen/ der Gottesdienst) zwei Dinge bezeichnet:

Erstens: Die Tat des Dieners, wie z.B. desjenigen, der betet oder die Armenspende (Zakah) gibt. Seine Tat ist eine ‘Ibadah (gottesdienstliche Handlung), die von den Gelehrten mit folgenden Worten definiert wird:

Sie (die ‘Ibadah/ gottesdienstliche Handlung) ist der Gehorsam gegenüber Allah durch die praktische Befolgung Seiner Befehle und der Unterlassung des von Ihm Verbotenen, die mit der Liebe zu Allah, der Furcht vor Ihm und der Hoffnung auf Ihn (und Seine Belohnung) einhergehen.

Zweitens: Die befohlene Handlung, selbst wenn diese von niemandem ausgeführt werden sollte, wie z.B. das Gebet an sich, die Armenspende (Zakah) und dergleichen. Die Gelehrten definieren diese mit den Worten:

Sie (die ‘Ibadah/ anbefohlene, gottesdienstliche Handlung) ist ein umfassender Begriff für all das, was Allah an Aussagen, äußerlich sichtbaren und (im Herzen) verborgenen Taten liebt und was Ihn (davon mit Seinem Diener) zufrieden macht.

Diese befohlenen Handlungen wurden ‘Ibadat (gottesdienstliche Handlungen) genannt, da diejenigen, denen sie auferlegt wurden, diese tun, indem sie sich ihrem Herrn, dem Majestätischen und Erhabenen, unterwerfen, Ihm gegenüber Demut zeigen und Ihn lieben.

Tatsächlich hat uns unser Herr aufgezeigt, dass der wichtigste Sinn und Zweck und das höchste Ziel der Schöpfung der Jinn und der Menschen ist, Ihm, der keinen Teilhaber (in Göttlichkeit, Verehrungs- und Anbetungswürdigkeit) hat, einzig und allein zu dienen. So sagte Allah der Erhabene (in der ungefähren Bedeutung in deutscher Sprache): „Und Ich habe die Jinn und die Menschen nur (dazu) erschaffen, damit sie Mir dienen.“ [Koran 51:56]

Wie aber erfüllen wir diesen Sinn und Zweck, und wie erreichen wir dieses Ziel?

Viele Menschen glauben, dass die gottesdienstlichen Handlungen nicht mehr als eine Anzahl gottesdienstlicher Rituale sind, die Allah zu bekannten Zeiten zu verrichten befohlen hat, wie z.B. das Gebet, das Fasten und die Pilgerreise (Hajj), und dass damit alles erledigt ist. Aber es ist nicht so, wie diese Menschen denken…

Wieviel, oder besser: Wie wenig Zeit nehmen die gottesdienstlichen Rituale während des Tages und in der Nacht in Anspruch? Wieviel, oder besser: Wie wenig der Lebenszeit des Menschen nehmen sie in Anspruch?

Wo bleibt der Rest der Lebenszeit? Und wo bleibt der Rest der Kraft und Energie des Menschen? Wo bleibt die restliche Zeit? Für was wird sie verwendet und wohin geht sie? Wird sie dafür verwendet, Allah zu dienen (für ’Ibadah), oder für anderes? Und wenn sie für anderes verwendet wird, außer Allah zu dienen, wie wird dann der Sinn und Zweck der Existenz des Menschen, den der Koran-Vers vollständig auf das Dienen Allahs begrenzte, erfüllt? Und wie werden die folgenden Worte Allahs (in ihrer ungefähren Bedeutung in deutscher Sprache) umgesetzt? „Sag: Gewiss, mein Gebet und mein (Schlacht-) Opfer, mein Leben und mein Sterben gehören Allah, dem Herrn der Weltenbewohner“ [Koran 6:162]

Die Unterwerfung unter den Willen Allahs und Ihm zu dienen ist eine alles umfassende Angelegenheit, die das Leben des Muslims dominiert. Wenn er sich z.B. in den Weiten der Erde anstrengt, um seine Versorgung zu erlangen, so dient er damit Allah, da ihm sein Herr, Allah, ihm dies mit folgenden Worten (in ihrer ungefähren Bedeutung in deutscher Sprache) befahl: „So geht auf ihrem (der Erde) Rücken einher und esst von dem, womit Er (euch) versorgt. Und zu Ihm wird die Auferstehung sein.“ [Koran 67:15]. Und wenn der Muslim schläft, so schläft er, um sich dafür zu stärken, Allah dem Erhabenen zu dienen, wie Mu’adh ibn al-Jabal, Allahs Wohlgefallen auf ihm, sagte: „Ich hoffe auf die Belohnung Allahs durch meinen Schlaf, wie ich auf sie durch mein Wachsein hoffe.“ (Überliefert in Sahih al-Bukhari, 4342) Dies bedeutet, dass er auf die Belohnung Allahs durch seinen Schlaf hofft, wie er auf sie durch sein Wachsein für das Nachtgebet hofft.

Es ist tatsächlich so, dass ein Muslim sich nicht zufrieden gibt, außer wenn er sogar seinen Genuss von Essen, Trinken und dem Beischlaf mit seiner Frau in der Waagschale seiner guten Taten (am Tag der Abrechnung) findet.

Der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sagte (Übersetzung der Bedeutung): „Und im Beischlaf mit euren Ehefrauen findet sich die Belohnung einer Armenspende (Sadaqah).“ Da sagten seine Gefährten, Allahs Wohlgefallen auf ihnen: „Oh Gesandter Allahs, jemand folgt seiner Lust und wird dafür belohnt?“ Er sagte: „Seht ihr nicht, dass wenn er seiner Lust auf verbotene Weise folgt, ihm eine Sünde angerechnet wird?“ Sie antworteten: „Ja.“ Er sagte: „Und genauso wird er belohnt, wenn er ihr auf erlaubte Weise folgt.“ (Überliefert in Sahih Muslim)

Die Art und Weise, wie man diese hohe Stufe erreicht, liegt darin, dass der Diener Allahs sich (ständig) in Erinnerung ruft, seinem Herrn zu gedenken, während er mit den verschiedenen Aspekten des Lebens beschäftigt ist. So fragt er sich (ständig) selbst, ob er sich in einem Zustand befindet, der seinen Herrn zufrieden macht, oder in einem Zustand, der seinen Herrn erzürnt. Wenn er sich in einem zufriedenstellenden Zustand befindet, so soll er Allah loben und danken. Wenn er sich aber in einem anderen Zustand als diesem befindet, so soll er sich um Allahs Vergebung bemühen und bereuen, wie es die gottesfürchtigen Diener Allahs tun, die Allah mit folgenden Worten (in ihrer ungefähren Bedeutung in deutscher Sprache) beschrieb: „Und diejenigen, die, wenn sie eine Abscheulichkeit begangen oder sich selbst Unrecht zugefügt haben, Allahs gedenken und dann für ihre Sünden um Vergebung bitten - und wer sollte die Sünden vergeben außer Allah? - und (die) nicht auf dem beharren, was sie getan haben, wo sie doch wissen. (135) Der Lohn jener ist Vergebung von ihrem Herrn und Gärten, durcheilt von Bächen, ewig darin zu bleiben. Und wie trefflich ist der Lohn derjenigen, die (gut) handeln!“ [Koran 3:135-136]

Dies war das Dienen Allahs (al-’Ibadah) in der Auffassung der uns vorangegangenen, rechtschaffenen Generationen der Gefährten des Propheten, Allahs Segen und Frieden auf ihm, und derjenigen, die nach ihnen kamen.

Sie sahen das Dienen Allahs (al-‘Ibadah) keinesfalls eingeschränkt im Rahmen der gottesdienstlichen Rituale (wie z.B. dem Gebet), so dass durch eine solche Einschränkung nur die Momente, die mit dem Ausführen dieser Rituale ausgefüllt sind, zu Momenten werden, in denen Allah gedient wird, und ihr restliches Leben sich abspielt, ohne Allah zu dienen. Vielmehr waren sie der Auffassung, dass ihr gesamtes Leben ein Dienen Allahs darstellt, und dass die Rituale lediglich Momente der Konzentration auf den Gottesdienst sind, die dem Menschen die Glaubensstärke geben, die ihm hilft, die restlichen, von ihm verlangten gottesdienstlichen Handlungen auszuführen. Deshalb hießen sie diese Momente der gottesdienstlichen Rituale willkommen, so wie ein Reisender die Gelegenheiten willkommen heißt, bei denen er sich mit für seinen Weg hilfreichen Proviant versorgen kann.

Tatsächlich waren sie, wie sie ihr Herr beschrieb: „(…) die Allahs stehend, sitzend und auf der Seite (liegend) gedenken.“ [Koran 3:191] Das bedeutet, dass sie Ihm in jeder Situation gedachten.

Und sie gesellten zu dem Gedenken Allahs mit der Zunge das Gedenken Allahs im Herzen. So waren die Erhabenheit Allahs und die Ehrfurcht vor Ihm bei jeder ihrer Taten, die sie ausführten und jedem Wort, das sie sagten, in ihren Herzen präsent. Wenn einer von ihnen sprach und unachtsam war und dann seine Zunge entgleiste oder er einen Fehler beging, war sein Zustand wie der, den Allah in den zuvor erwähnten Koran-Versen der Surah Aali-’Imran nannte. (Und Allah sagte in dieser Surah - in der ungefähren Bedeutung in deutscher Sprache: „(…) und diejenigen, die, wenn sie eine Abscheulichkeit begangen oder sich selbst Unrecht zugefügt haben, Allahs gedenken und dann für ihre Sünden um Vergebung bitten.“ [Koran 3:135]

Wisse außerdem - möge Allah dir Erfolg geben -, dass jeder Mensch aufgrund seiner natürlichen Veranlagung ein Diener ist. Das heißt, dass er dem Zwang zu dienen unterworfen ist. Dabei ist er entweder ein Diener Allahs, der einzig (in der Verehrung und Anbetung) und ohne Teilhaber ist, oder er ist ein Diener von irgendetwas anderem außer Allah, indem er diesem neben Allah oder ohne Allah dient - was ein und dasselbe (nämlich Schirk) ist-.

Und diese (letztere) Form des Dienens (also: etwas anderem außer Allah allein zu dienen) hat Allah als „Dienen Satans“ bezeichnet, da sie die Befolgung des Aufrufs Satans darstellt. Allah, der Erhabene sagte (in der ungefähren Bedeutung in deutscher Sprache): „Habe Ich euch, o Kinder Adams, nicht als Verpflichtung auferlegt, dass ihr nicht dem Satan dienen sollt - gewiss er ist euch ein deutlicher Feind -, (60) und dass ihr Mir dienen sollt?- das ist ein gerader Weg!“ [Koran 36:60-61]

Keinesfalls ist das Leben des Menschen, der Allah dient, gleich dem Leben desjenigen, der dem Satan dient. Allah, der Erhabene sagte (in der ungefähren Bedeutung in deutscher Sprache): „Ist denn jemand, der, auf sein Gesicht gestürzt, einhergeht, eher rechtgeleitet, oder jemand, der aufrecht auf einem geraden Weg einhergeht?“ [Koran 67:22]

„Sag: Sind (etwa) der Blinde und der Sehende gleich? Oder sind (etwa) die Finsternisse und das Licht gleich?“ [Koran 13:16]

Und der Satan geht schrittweise vor in seinem Versuch, den Menschen vom Dienen Allahs zu entfernen.

Manchmal gelingt es ihm, den Menschen zeitweise vom Dienen Allahs abzubringen, wenn dieser beispielsweise in eine Sünde verfällt. Der Prophet, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sagte: „Derjenige, der Unzucht verübt, verübt diese nicht, während er im selben Augenblick ein Gläubiger ist. Und derjenige, der stiehlt, stiehlt nicht, während er im selben Augenblick ein Gläubiger ist.“ (Überliefert in Sahih al-Bukhari, 2475 und Sahih Muslim, 57)

Und manchmal gelingt es dem Satan, den Menschen vollständig vom Dienen Allahs zu entfernen, indem er die Bande zwischen dem Diener und seinem Herrn zertrennt, so dass der Diener Allah etwas (in Verehrung und Anbetung) beigesellt oder ungläubig und/ oder Atheist wird. Möge Allah uns bewahren.

Dieses „Dienen Satans“ geschieht manchmal in Form des Dienens der eigenen Gelüste (Hawaa), wie Allah, der Erhabene (in ungefährer Bedeutung in deutscher Sprache) sagte: „Was meinst du wohl zu einem, der sich seine Neigung zu seinem Gott nimmt? Würdest du denn Sachwalter über ihn sein können?“ [Koran 25:43] Dieser Diener folgt den Befehlen seiner eigenen Gelüste: Was sie als gut erachten, das tut er, und was sie als schlecht erachten, dass lässt er. So gehorcht er seinen eigenen Gelüsten und folgt dem, wozu sie aufrufen. Er dient damit seinen eigenen Gelüsten ganz so, wie eine Person ihrem Gott dient.

Und manchmal geschieht das Dienen Satans in Form des Dienens des Geldes, wie der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Frieden auf ihm, sagte: „Erbärmlich/ elendig sind der Diener des Dinar, der Diener des Dirham und der Diener von (schöner) Kleidung: Wenn ihm gegeben wird, ist er zufrieden, und wenn ihm nicht gegeben wird, ist er frustriert/ zornig. Möge er erbärmlich behandelt und auf seinen Kopf gestellt werden. Möge er, wenn ihn ein Unheil trifft, keine Erleichterung erfahren (…).“ (Überliefert in Sahih al-Bukhari, 2887)

Und das ist der Zustand eines jeden, dessen Herz an etwas von seinen eigenen Gelüste und an etwas außer Allah hängt: Wenn er es erlangt, ist er zufrieden, und wenn er es nicht erlangt, ist er frustriert/ zornig. So ist er ein Diener dessen, wonach es ihm gelüstet, und er ist von diesem versklavt. Denn die Versklavung, Unterwerfung und Dienerschaft (gegenüber einer Sache) sind in Wirklichkeit die Versklavung, Unterwerfung und Dienerschaft des Herzens (und seine Bindung an diese Sache).

Und je mehr jemand von den Gelüsten - oder einigen von ihnen - versklavt wird, desto mehr wird seine Unterwerfung unter den Willen Allahs und sein Dienen Allahs, des Erhabenen, geschwächt.

Wenn er so von der Dienerschaft dieser Lüste und Gelüste beherrscht wird, dass sie ihn gänzlich von der Religion abbringen, so ist er ein Ungläubiger, der Allah einen Teilhaber (in Verehrung und Anbetung) beigesellt (Schirk begeht).

Und wenn ihn diese Lüste und Gelüste von etwas, was ihm befohlen wurde, abhalten, oder sie ihn zu etwas verleiten, was ihm verboten ist - eine Person aber nicht durch diese verbotene Tat von der Religion abfällt -, so vermindert dies seine Unterwerfung unter den Willen Allahs, das Dienen seines Herrn (al-‘Ubudiyah) und seinen Glauben an Ihn in dem Maße, in dem er davon durch seine Lüste und Gelüste abgehalten wird.

Wir bitten Allah, den Erhabenen, uns die vollständige Unterwerfung unter Seinen Willen und die vollständige Bereitschaft, Ihm allein zu dienen, zu schenken. Und wir bitten Ihn, uns von Seinen auserwählten Dienern und den Ihm Nahestehenden sein zu lassen, und Er ist wahrlich der Hörende, der Nahe, der die Bittgebete erhört.

Und Allah weiß es am besten und Er ist der beste Richter.

Und mögen Ehre, Heil und Segen auf Seinem Diener und Propheten Muhammad sowie auf all seinen Angehörigen und Gefährten ruhen.

Siehe: „Mafaahim yanbaghi an tusahhah“ von Schaikh Muhammad Qutub, 20-23, 174-182 und „al-‘Ubudiyah“ von Schaikh al-Islam ibn Taymiyah.

Quelle: Islam Q&A