Wir fassen das Thema Niederwerfung bei Dankbarkeit (Sujud Ash-Shukr) in den folgenden Punkten zusammen:
Die Vorzüglichkeit und Bedeutung von Sujud Ash-Shukr
Die Niederwerfung bei Dankbarkeit gehört zu den größten Formen, mit denen der Diener seinem Herrn – Erhaben ist Er – dankt. Denn darin liegt eine Demut gegenüber Allah, indem das edelste Körperteil – das Gesicht – auf den Boden gelegt wird. Ebenso beinhaltet es den Dank gegenüber Allah mit dem Herzen, der Zunge und den Gliedmaßen.
Die Dankesniederwerfung ist eine bestätigte prophetische Sunnah, die von vielen Menschen vernachlässigt worden ist.
Die Rechtslage von Sujud Ash-Shukr und die Meinungsverschiedenheit darüber
Die Meinungsverschiedenheit über die Zulässigkeit der Niederwerfung bei Dankbarkeit ist schwach, da sie dem widerspricht, was vom Propheten - Allahs Segen und Frieden auf ihm - und von vielen seiner Gefährten - möge Allah mit ihnen zufrieden sein - darüber überliefert wurde.
Wann ist die Niederwerfung bei Dankbarkeit vorgeschrieben?
Die Niederwerfung bei Dankbarkeit ist jedes Mal erlaubt, wenn den Muslimen eine allgemeine Gnade zuteilwird oder eine Strafe von ihnen abgewendet wird oder wenn dem Muslim eine persönliche Gnade zuteilwird – egal ob er zu ihrem Eintreffen beigetragen hat oder nicht –, und jedes Mal, wenn eine Strafe von ihm abgewendet wird.
Ash-Shaukani - möge Allah ihm barmherzig sein - sagte: Wenn du sagst: „Die Gnaden Allahs für seine Diener kommen unaufhörlich zu jeder Zeit!" Dann antworte ich: Gemeint sind die sich erneuernden Gnaden, die eintreffen können, aber auch ausbleiben können. Deshalb hat der Prophet - Allahs Segen und Frieden seien auf ihm - nur dann eine Niederwerfung gemacht, wenn eine dieser Gnaden neu eingetreten ist, obwohl die Gnaden Allahs über ihn stets vorhanden und sich erneuernd waren." „As-Sail Al-Jarrar“ (1/175)
Sind Reinheit, Gebetsrichtung und Hijab erforderlich für die Niederwerfung bei Dankbarkeit?
Das korrekte Urteil ist, dass für die Niederwerfung bei Dankbarkeit nicht das notwendig ist, was für das Gebet erforderlich ist – wie Reinheit, Bedeckung der Schamteile (dazu gehört bei der Frau auch das Tragen des Hijab), die Gebetsrichtung und andere Dinge.
Dies ist die Meinung vieler der Altvorderen und wurde von einigen der Malikiten sowie vielen der Gelehrten bevorzugt, wie Ibn Jarir At-Tabari, Ibn Hazm, Shaykh Al-Islam Ibn Taimiyyah, Ibn Al-Qayyim, Ash-Shaukani, As-San'ani und von vielen unserer heutigen Gelehrten, darunter: Shaykh Abdulaziz Ibn Baz, Shaykh Muhammad Ibn Salih Al-'Uthaymin,
Shaykh Abdullah Ibn Jibrin - möge Allah ihnen allen barmherzig sein - und anderen.
Im Gegensatz dazu steht die Meinung derjenigen, die für Sujud Ash-Shukr dieselben Bedingungen wie für das freiwillige Gebet verlangen. Dies ist die Meinung der Schafiiten, der meisten Hanbaliten, einiger Hanafiten und Malikiten.
Die Vertreter der ersten Meinung stützen sich unter anderem auf folgende Punkte:
- Das Verlangen nach ritueller Reinheit oder anderen Bedingungen des Gebets für Sujud Ash-Shukr bedarf eines Beweises – und ein solcher ist nicht vorhanden. Es gibt keinen Vers aus dem Qur'an, keine authentische Sunnah, keinen Konsens (Ijma') und keinen korrekten Analogieschluss (Qiyas), der dies vorschreibt. Es ist nicht erlaubt, der Ummah Muhammads - Allahs Segen und Frieden auf ihm - Pflichten aufzuerlegen, für die es keinen Beweis gibt.
- Der äußere Sinn des Hadithes von Abu Bakr: „Wenn dem Propheten – Allahs Segen und Frieden auf ihm - eine freudige Nachricht gebracht wurde, fiel er nieder und war Allah dafür dankbar.“ Überliefert von At-Tirmidhi (1578) – er bewertete ihn als Hasan, Abu Dawud (2774) und Ibn Majah (1394). … und andere Überlieferungen, in denen berichtet wird, dass der Prophet - Allahs Segen und Frieden auf ihm - eine Dankesniederwerfung vollzog, deuten darauf hin, dass er sich nicht extra dafür gereinigt hat. Dass er sich sofort niederwarf, zeigt, dass er diese Niederwerfung vollzog, sobald ein Anlass gegeben war – ob im Zustand der rituellen Reinheit oder nicht. Dasselbe gilt für die offenkundige Praxis seiner Gefährten – möge Allah mit ihnen zufrieden sein.
- Dass, wenn die rituelle Reinheit – oder andere Bedingungen des Gebets – für die Dankesniederwerfung verpflichtend wäre, der Prophet – Allahs Segen und Frieden auf ihm - dies seiner Ummah deutlich gemacht hätte, da sie dieses Wissen benötigt. Es ist ausgeschlossen, dass der Prophet - Allahs Segen und Frieden auf ihm - diese Niederwerfung vollzieht und sie seiner Ummah als Sunnah empfiehlt, während Reinheit – oder andere Bedingungen – verpflichtend wären, und er diese nicht als Sunnah ausführt, noch seine Gefährten dazu anweist, noch auch nur ein einziges Wort darüber überliefert wird.
- Der Grund für die Niederwerfung bei Dankbarkeit tritt oft plötzlich ein, und es kann sein, dass derjenige, der sich niederwerfen möchte, sich gerade nicht im Zustand der Reinheit befindet. Wenn man die Niederwerfung aufgrund der Reinigung hinauszögern müsste – also um Wudu' (kleine rituelle Waschung) oder Ghusl (große rituelle Reinheit) zu erlangen – würde damit der eigentliche Sinn und Zweck, wegen dem die Dankesniederwerfung vorgeschrieben wurde, verloren gehen.
Diese Bedingungen wie Reinheit usw. werden ausschließlich für das Gebet vorausgesetzt. Dies wird auch durch die Überlieferung von Ibn 'Abbas - möge Allah mit beiden zufrieden sein - belegt, dass der Prophet - Allahs Segen und Frieden auf ihm - aus der Toilette kam, woraufhin ihm Essen gebracht wurde. Man erwähnte ihm gegenüber die rituelle Waschung, woraufhin er sagte: „Möchte ich beten, dann nehme ich Wudhu.“ (Überliefert bei Muslim, Hadith Nr. 374) Und die Niederwerfung bei Dankbarkeit (Sujud Ash-Shukr) ist kein Gebet, weil sie im islamischen Recht nicht als „Gebet“ bezeichnet wird, weil sie weder aus einer Rak'ah noch aus zwei Rak'ah besteht, und weil der Prophet - Allahs Segen und Frieden auf ihm - dafür weder Takbir (Allahu Akbar), noch Taslim (Beenden des Gebets mi dem Salam), noch das Aufstellen in Reihen, noch das Vorstehen eines Imams vorgeschrieben hat – so wie er das bei anderen Gebeten getan hat: etwa beim Totengebet, bei den zwei Niederwerfungen des Vergessens nach dem Salam und bei allen weiteren Gebeten. Daher gelten für die Niederwerfung bei Dankbarkeit nicht dieselben Bedingungen wie für das Gebet. Ein Vergleich ist zu ziehen zwischen der bloßen Niederwerfung (also Sujud ohne, dass es Teil eines Gebets ist) und anderen Formen des Gedenkens an Allah (Dhikr), die im Gebet vorkommen, aber auch außerhalb davon erlaubt und empfohlen sind – wie z. B.: das Rezitieren des Qurans (das der edelste und wichtigste Bestandteil des Gebets ist), sowie der Tasbih (Subhan Allah), der Tahmid (Alhamduillah), der Takbir (Allahu Akbar) und der Tahlil (La ilaha illa Allah).
So wie für all diese Dinge keine rituelle Reinheit vorgeschrieben ist, wenn sie außerhalb des Gebets ausgeführt werden – obwohl sie zu den Bestandteilen des Gebets gehören –, so gilt das ebenso für die bloße Niederwerfung.
Die Gelehrten des Ständigen Fatwa-Ausschusses sagten: Die richtige Meinung ist: Für die Niederwerfung bei Dankbarkeit (Sujud Ash-Shukr) sowie die Niederwerfung beim Quran-Rezitieren (Sujud At-Tilawah) – sei es vom Rezitierenden oder vom Zuhörenden – ist die rituelle Reinheit nicht erforderlich, denn sie sind rechtlich nicht als Gebet zu betrachten. Unterzeichnet von Shaykh 'Abdul-ʿAziz Ibn Baz, Shaykh 'Abdur-Razzaq 'Afifi,
Shaykh 'Abdullah Ibn Qu'ud. „Fatawa der Ständigen Gelehrtenkommission“ (Band 7, Seite 263)
Die Beschreibung der Niederwerfung bei Dankbarkeit
Die vorzugswürdige Meinung über die Art und Weise der Niederwerfung bei Dankbarkeit ist, dass darin weder Takbir zu Beginn oder am Ende, noch Taschahhud, noch Salam vorgeschrieben ist. Dies ist auch die Meinung von Imam Asch-Schafi'i (so ist es ausdrücklich von ihm überliefert), sowie eine überlieferte Ansicht von Imam Ahmad. Ebenso ist es eine Ansicht im Rechtsschul-Madhhab der Schafi'iten – und zwar, weil es keinen authentischen Nachweis dafür gibt, weder vom Propheten - Allahs Segen und Frieden auf ihm -, noch von irgendeinem seiner Gefährten - möge Allah mit ihnen zufrieden sein.
Shaykh Al-Islam Ibn Taymiyyah –-möge Allah ihm barmherzig sein - vertrat die Ansicht, dass es für diese Niederwerfung (Sujud Ash-Shukr) nicht vorgeschrieben ist, Taschahhud oder Salm zu sprechen – vielmehr sei dies eine religiöse Neuerung (Bid'ah), die nicht erlaubt ist.
Er sagte: „Was den Sujud At-Tilawah (Niederwerfung beim Quran-Rezitieren) und das Sujud Ash-Shukr betrifft: So wurde von niemandem überliefert, weder vom Propheten - Allahs Segen und Frieden auf ihm -, noch von seinen Gefährten, dass man darin den Salam spricht – sie taten es nicht. Aus diesem Grund erkannten Ahmad Ibn Hanbal und andere Gelehrte keinen Salam darin. Ahmad sagte in einer seiner Überlieferungsversionen: Er spricht keinen Salam, da es dafür keine Überlieferung gibt. In einer anderen Überlieferung lässt er einen oder zwei Salams zu – aber nicht auf Grundlage eines authentischen Textes, sondern aus Qiyas. Ebenso basieren die Meinungen derjenigen, die den Salam darin für notwendig halten, nicht auf einem Quelltext (Nass), sondern auf Qiyas oder der Aussage einiger Tabi'in.“ „Majmu' Al-Fatawa“ (Band 21, Seite 277)
Und er sagte - möge Allah ihm barmherzig sein - ebenfalls über Sujud At-Tilawah und Sujud Ash-Shukr: „Denn der Prophet - Allahs Segen und Frieden auf ihm - hat diese Handlung nicht als Gebet bezeichnet, und kein Aufstellen in Reihen oder Vorstehen eines Imams dafür vorgeschrieben – wie es beim Totengebet oder den zwei Niederwerfungen des Vergessens nach dem Salam oder bei anderen Gebeten der Fall ist. Der Prophet - Allahs Segen und Frieden auf ihm - hat darin keinen Salam vorgeschrieben – es ist nichts davon überliefert, weder mit authentischer noch mit schwacher Überlieferungskette. Vielmehr ist das [den Salam darin zu sprechen] eine religiöse Neuerung (Bid'ah). Auch das Eröffnen mit Takbir hat er nicht dafür vorgeschrieben.“ Siehe: „Majmu' Al-Fatawa“ (Band 23, Seite 171)
Was sagt man in der Niederwerfung bei Dankbarkeit?
Es ist kein bestimmter Dhikr (Gottesgedenken) im Sujud Ash-Shukr verpflichtend.
Vielmehr ist es für denjenigen, der sich niederwirft, erwünscht, in seiner Niederwerfung das zu sagen, was zur Situation passt – wie etwa: das Loben Allahs (Hamd), Seinen Dank (Schukr), Bittgebete (Du'a), Bitte um Vergebung (Istighfar) und Ähnliches.
Ash-Shaukani - möge Allah mit ihm barmherzig sein - sagte: Wenn du sagst: „In den Hadithen wurde nicht überliefert, was der Prophet - Allahs Segen und Frieden auf ihm - in der Niederwerfung bei Dankbarkeit sagte. Was also soll derjenige sagen, der sich zum Dank niederwirft?“ Dann antworte ich: „Er soll sich darin im Dank gegenüber Allah - erhaben ist Er - besonders bemühen, denn die Niederwerfung ist eine Dankesniederwerfung.“ „As-Sayl Al-Jarrar“ (Band 1, Seite 286)
Das Urteil der Niederwerfung bei Dankbarkeit während des Gebets
Man soll keinen Sujud Ash-Shukr vollziehen, wenn man während des Gebets mit einer erfreulichen Nachricht überrascht wird. Denn der Grund für die Niederwerfung in diesem Fall steht nicht im Zusammenhang mit dem Gebet, es gehört nicht zum Gebet selbst. Wenn jemand absichtlich während des Gebets die Niederwerfung bei Dankbarkeit vollzieht, wird sein Gebet ungültig – genauso wie wenn jemand absichtlich zusätzliche Niederwerfungen zum Gebet hinzufügt, oder darin aus Versehen eine andere Niederwerfung vollzieht, oder ein anderes Gebet darin verrichtet. Diese Meinung ist die Rechtsschule der Schafi'iten und wird von den meisten Hanbaliten vertreten. Einige Hanbaliten sagen jedoch, dass der Sujud Ash-Shukr in diesem Fall erwünscht sei, mittels Analogie zum Sujud At-Tilawah.
Man kann dieses Argument jedoch hinterfragen, denn der Vergleich mit dem Sujud At-Tilawah ist nicht stichhaltig, da die Ursache für Sujud At-Tilawah innerhalb des Gebets liegt – nämlich das Rezitieren –, während Sujud Ash-Shukr eine Reaktion auf etwas außerhalb des Gebets ist.
Shaykh Muhammad Ibn Salih Al-'Uthaymin - möge Allah ihm barmherzig sein - sagte: „Wer die Niederwerfung bei Dankbarkeit wissentlich und mit Kenntnis des Urteils vollzieht, während er im Gebet ist, für den wird das Gebet ungültig... Und was der Autor sagte, ist korrekt: Das Gebet wird durch Sujud Ash-Shukr ungültig, weil dieser nichts mit dem Gebet zu tun hat, im Gegensatz zum Sujud At-Tilawah, dessen Ursache mit dem Gebet verbunden ist, nämlich das Rezitieren.“ „Ash-Sharḥ Al-Mumti' 'ala Zad Al-Mustaqni'” (Band 4, Seiten 107–108)
Weitere wichtige Hinweise:
- Sujud Ash-Shukr ist auch für den Reiter erlaubt, der auf einem Reittier sitzt; er vollzieht ihn durch eine Geste in dem Maße, wie er dazu in der Lage ist.
- Es ist erlaubt, den Sujud Ash-Shukr nachzuholen, wenn man ihn nicht zum Zeitpunkt der Ursache verrichten konnte.
- Wenn eine Person mit einer erfreulichen Nachricht überrascht wird oder eine Wohltat erhält und nicht Sujud Ash-Shukr vollzieht, ohne dass ein gültiger Grund (Entschuldigung) vorliegt, so haben einige Gelehrte erwähnt, dass es für ihn nicht vorgeschrieben ist, diese Niederwerfung nachzuholen, denn er hatte keinen Entschuldigungsgrund für das Verzögern des Sujud. „Hashiyat Qalyubi“
Beendet in geordneter, zusammengefasster Form – mit leichter Erweiterung – aus einer Abhandlung mit dem Titel: „Die Niederwerfung bei Dankbarkeit und ihre rechtlichen Bestimmungen in der islamischen Rechtswissenschaft“ verfasst von Dr. 'Abdullah Ibn 'Abdil-'Aziz Al-Jibrin - möge Allah ihm vergeben - veröffentlicht in der Zeitschrift „Majallat Al-Buhuth Al-Islamiyya“ (Ausgabe Nr. 36, Seiten 267–309).
Und Allah weiß es am besten.